Der Aufhebungsvertrag aus Arbeitnehmersicht

Die Beratung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei der Gestaltung und Verhandlung von Aufhebungsverträgen stellt einen Schwerpunkt meiner Tätigkeit dar.

Regelmäßig sind zwei Szenarien Anlass dafür: 1. Der Arbeitgeber möchte einvernehmlich sich von einem Mitarbeitern trennen und Rechtssicherheit herstellen. 2. Der Arbeitnehmer möchte möglichst schnell eine neue Stelle antreten, kann aber die Kündigungsfrist nicht mehr einhalten und ist daher auf das Einverständnis des Arbeitgebers angewiesen.

Variante 1 ist sicherlich die häufigere und anspruchsvollere Konstellation, die ich hier -aus Arbeitnehmersicht- näher beleuchten möchte.

Unabhängig von den Hintergründen der Entscheidung (sei es individuell oder aufgrund einer Massenentlassung): Die (in der Regel überraschende) Bekanntgabe der Trennungsabsicht ist für den konkret Betroffenen zunächst mal ein Schock. Selbst wenn er oder sie schon damit gerechnet hat. Aus Arbeitnehmersicht ist es daher in dieser Situation wichtig, einen möglichst kühlen Kopf zu bewahren.

Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, unterschreiben Sie vorerst keine Dokumente, erbitten Sie sich Bedenkzeit und starten Sie keine eigenen Verhandlungen ohne vorherige rechtliche Beratung. Stellen Sie lediglich Fragen, was genau angeboten wird, worauf die Entscheidung beruht und ob Sie weiter arbeiten sollen oder freigestellt werden.

Im nächsten Schritt sollten Arbeitnehmer umgehend rechtliche Beratung durch einen Anwalt einholen. Vertrauen Sie mir, hier ist es wirklich notwendig. Aufhebungsverträge sind für rechtliche Laien i.d.R. in ihrer Tragweite nicht einschätzbar. Wer hier an der Beratung spart, tut das sprichwörtlich „am falschen Ende“. Einmal abgeschlossene Aufhebungsverträge lassen sich im Nachhinein kaum mehr korrigieren (z.B. durch Anfechtung).

Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, ist diese nach erster Absprache mit dem Anwalt ebenfalls zu informieren. Teilweise versuchen hier Versicherer, ihrer Kostentragungspflicht zu entgehen. Wird zusammen mit dem Aufhebungsangebot eine Kündigung für den Fall der Nichteignung angedroht, ist damit bereits der Schadensfall eingetreten (vgl. BGH Urteil vom 19.11.2008, IV ZR 305/07). Die Versicherung muss dann auch die Kosten übernehmen (sofern die i.d.R. dreimonatige Wartefrist vorher erfüllt ist).

Falls Sie keine entsprechende Versicherung haben, besteht zum Beispiel die Möglichkeit zunächst nur eine Erstberatung durchzuführen und danach zu entscheiden, wie es weitergeht und welche Kostenregelungen mit dem Anwalt Ihres Vertrauens möglich sind.

Wichtige Punkte (nicht abschließend) für Arbeitnehmer, die in der rechtlichen Beratung zu klären sind:

  • Führt der Abschluss des Aufhebungsvertrages zu einer Sperrzeit bei späterem Arbeitslosengeld?
  • Entspricht der Endtermin (wenigstens) der anzuwendenden Kündigungsfrist?
  • Soll für den Arbeitnehmer ein Sonderkündigungsrecht bei früherem Jobwechsel mit entsprechender Erhöhung der Abfindung bestehen?
  • Wann und in welcher Form wird der Mitarbeiter freigestellt?
  • Wie verhält es sich mit offenem Urlaub und Nebentätigkeiten?
  • Welche Abfindungssumme ist im konkreten Fall angemessen und wann wird diese gezahlt?
  • Was sagt der Aufhebungsvertrag zu Zwischen- und/oder Endzeugnis?
  • Müssen noch andere Positionen berücksichtigt werden (z.B. offene Boni, Gehälter, Aktien etc.)?
  • Wann sollen welche Arbeitsmittel (z.B. Dienstwagen, Handy) zurückgegeben oder übernommen werden?
  • Bestehen kollektivrechtliche Regelungen (z.B. Sozialplan), die ergänzend zu berücksichtigen sind?

Da Aufhebungsverträge i.d.R. zur Rechtssicherheit beider Parteien Abgeltungsklauseln enthalten, ist es wichtig, dass im Vertrag auch tatsächlich alles geregelt wird, was noch zu leisten ist. Was dort nicht steht, ist schlimmstenfalls „weg“ und kann nicht mehr geltend gemacht werden.

Ist eine Insolvenz des Arbeitgebers zu befürchten, besteht für Arbeitnehmer zusätzlicher Beratungsbedarf. Die schönste Abfindungssumme ist leider nichts wert, wenn sie nicht auch tatsächlich ausgezahlt werden kann.

Grundsätzlich empfehle ich beiden Seiten eine möglichst zügige (aber nicht übereilte) Durchführung der Verhandlung. Der Schwebezustand ist für den Arbeitnehmer –ob bewusst oder unbewusst- immer eine psychische Belastung und eine schnelle Klarheit hilfreich. Die Arbeitgeberseite wiederum hat ihrerseits schnell Rechtssicherheit. Eine einvernehmliche und für beiden Seiten faire und außergerichtliche Lösung halte ich i.d.R. für die bessere Variante. Denn vergessen Sie nicht: Man sieht sich immer (wenigstens) zweimal im Leben!

Falls es mal nicht einvernehmlich geht und die Kündigung kommt: Arbeitnehmer können nur innerhalb von 3 Wochen ab Zugang des Schreibens Kündigungsschutzklage erheben, hier muss es also dann schnell gehen.

Es besteht natürlich auch nach einer ausgesprochenen Kündigung noch die Möglichkeit einer vertraglichen, einvernehmlichen Lösung. Die nennt sich dann nur etwas anders, nämlich „Abwicklungsvertrag“. Inhaltlich gibt es allerdings kaum Unterschiede.

Für weitere Fragen und eine individuelle Beratung sprechen Sie mich gerne unverbindlich an.

Abfindung (ge)fällig?

Frisch auf den Tisch hat uns das Arbeitsgericht Bonn eine in den Medien vielzitierte Entscheidung zur Fälligkeit von Abfindungen serviert (Az: 6 Ca 3135/13). Dem Urteil lag der Fall zugrunde, dass eine Mitarbeiterin mit ihrem Arbeitgeber einen gerichtlichen Vergleich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung zum 31.01.2014 geschlossen hatte. In dem Vergleich wurde ihr zudem das Recht eingeräumt, das Arbeitsverhältnis auch vor dem 31.01. zu beenden, was sie auch tat. So weit, so gut.

Die Arbeitnehmerin wollte nun auch die Abfindung, immerhin 310.000,- € brutto, zum vorzeitigen Austrittstermin erhalten – und musste bis zum 31.01.14 warten. Hintergrund dieser Entscheidung dürfte allein die Tatsache gewesen sein, dass die sogenannte „Sprinterklausel“, eben in diesem konkreten Fall keine Regelung dazu enthielt, dass die Abfindung bei einem vorzeitigen Ende auch früher gezahlt wird, so dass sich der Arbeitgeber bis zum 31.01. Zeit lassen konnte.

Kurz erklärt: „Sprinterklauseln“ berechtigen den Arbeitnehmer (und nur diesen), das Arbeitsverhältnis auch vor dem schon vereinbarten Ende z.B. mit einer kurzen Ankündigungsfrist von 2 Wochen, einseitig zu beenden, wobei die durch das vorzeitige Ende ersparten Gehälter auf die Abfindung aufgeschlagen werden. Diese Regelung ist für beide Seiten vorteilhaft, da auf Abfindungen keine Sozialabgaben gezahlt werden müssen und der Arbeitnehmer sehr kurzfristig eine neue Stelle antreten kann.

Zusammenfassend sollten Arbeitgeber und insbesondere Arbeitnehmer also darauf achten, dass auch die Fälligkeit der Abfindungszahlung bei einem vorzeitigen Austritt im Rahmen von Sprinterklauseln genau definiert wird und dass die Abfindung dann zu dem früheren Beendigungstermin zu zahlen ist.

Die Presseberichte zu diesem Urteil erwecken teilweise den Eindruck, dass die Abfindung immer erst zu dem ursprünglichen Enddatum fällig werden würde. Dies ist jedoch auch nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Bonn nicht zwingend der Fall und hängt eben von einer juristisch-klaren Formulierung und der jeweiligen Vereinbarung dazu ab.

Hinsichtlich der Fälligkeit von Abfindungen kann viel zwischen den Parteien vereinbart werden – allerdings macht nicht alles Sinn.

Ich möchte daher diesen Fall aufgreifen und Ihnen zwei weitere Tipps mit auf den Weg geben:

Vereinzelt mag es für Arbeitnehmer reizvoll erscheinen –auch ohne vorzeitige Beendigung- die Fälligkeit der Abfindung nach vorne zu ziehen, z.B. Austritt zum 31.08., Zahlung der Abfindung bereits am 31.05. Warum nicht schon den Sommerurlaub von der Abfindung bezahlen? Darum nicht: Abfindungen, die im noch laufenden Arbeitsverhältnis gezahlt werden, gelten als Arbeitslohn und unterliegen im vollen Umfang der Sozialversicherungspflicht. Hier würden also sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer viel Geld „verschenken“ und ein Vorziehen (ohne vorzeitigen Austritt) ist daher –für beide Seiten- absolut nicht zu empfehlen.

Für den Arbeitnehmer weniger reizvoll erscheint auf den ersten Blick die Verlagerung der Auszahlung nach hinten, also nach dem tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses. Dies kann sich aber im Einzelfall und bei Wechsel des Kalender- und damit Steuerjahres durchaus finanziell lohnen und sollte insbesondere bei Austritten zum Jahresende mit dem Steuerberater des Vertrauens durchgerechnet werden, bevor eine Vereinbarung abgeschlossen wird.

Mein Fazit: „Abfindung? Sag mir quando, quando, quando“.