Arbeitgeber befinden sich manchmal in der Situation, dass die i.d.R. sechsmonatige Probezeit eines neu eingestellten Mitarbeiters abläuft, jedoch noch Zweifel bestehen, ob eine dauerhafte Zusammenarbeit erfolgsversprechend ist.
Will der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine weitere Chance geben und sich noch nicht abschließend festlegen, besteht –zumindest bei unbefristeten Arbeitsverträgen- eine juristische Herausforderung:
Sofern das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet, setzt nach Ablauf von sechs Monaten zwingend der gesetzliche Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 1 KSchG ein. D.h., eine Kündigung, die erst nach sechs Monaten ausgesprochen wird, ist nicht ohne weiteres mehr möglich und birgt für den Arbeitgeber Risiken. Kündigungen in der Probezeit (oder besser gesagt vor Einsetzen des Kündigungsschutzes), sind dagegen in der Regel kaum angreifbar. Wichtig ist hier, den Unterschied zwischen Probezeit und Wartezeit zu verstehen. Probezeit bedeutet „nur“, dass während dieser Zeit eine kürzere Kündigungsfrist (wenigstens 2 Wochen) nach § 622 Abs. 3 BGB zur Anwendung kommt. Entscheidender ist für beide Seiten eher der Ablauf der Wartezeit, nach dem der Kündigungsschutz eintritt. Eine reine „Verlängerung der Probezeit“ würde dies nicht verhindern und rechtliche Risiken für den Arbeitgeber im Falle einer späteren Kündigung bedeuten.
Juristisch gelöst werden kann diese Situation wie folgt: Der Arbeitgeber kündigt dem Arbeitnehmer noch vor Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit (i.d.R. identisch mit der vereinbarten Probezeit, die Kündigung muss spätestens am letzten Werktag zugehen), wählt aber eine längere Frist.
Beispiel: Eintritt 01.01.15, Probezeit/Wartezeit KSchG bis 30.06.15, Kündigung am 30.06.15 zum 30.09.2015.
Drei zusätzliche Monate sollten ausreichen, um die Eignung des Arbeitnehmers abschließend zu beurteilen und sind rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Bundesarbeitsgericht Urteil vom 07.03.2002, 2 AZR 93/01, Verlängerung um vier Monate, längstens jedoch längste tarifliche/gesetzliche Kündigungsfrist). Bei zu lang gewählten Fristen besteht die Gefahr, dass sie bei einer gerichtlichen Überprüfung als unzulässig angesehen werden. Generell sind tarifliche, vertragliche und gesetzliche Kündigungsfristen als Minimum zu verstehen und beide Seiten können ordentliche Kündigungen auch mit einer längeren Frist aussprechen (nur nicht kürzer).
Wichtig dabei ist die Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Der Arbeitnehmer sollte einerseits nicht „aus allen Wolken“ fallen, da vorher der Eindruck vermittelt worden ist, alles sei in Ordnung. Regelmäßiges und ehrliches Feedback innerhalb der Probezeit, gerade zu Kritikpunkten, ist wichtig. Andererseits sollte dem Arbeitnehmer erklärt werden, dass es sich hier um eine „juristische“ Lösung handelt und es sich um eine ehrlich gemeinte Chance handelt. Im Fall der Bewährung wird das Arbeitsverhältnis dann zu unveränderten Konditionen fortgesetzt. Dies kann z.B. über eine kurze, beiderseitige Erklärung erfolgen, dass die ausgesprochene Kündigung für gegenstandslos erklärt und das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird.
Für den Arbeitnehmer ist der Effekt einer solchen Probezeitverlängerung nicht zu unterschätzen. Selbst bei einer guten Kommunikation ist das Arbeitsverhältnis für ihn (vorerst) gekündigt, er muss sich arbeitssuchend melden und wird sich möglicherweise auch anderweitig bewerben. Arbeitgebern empfehle ich hier deutlich zu machen, wo genau die Defizite liegen und was noch besser werden muss. Regelmäßige Anschlusstermine zur weiteren Evaluierung, Unterstützung und Feedback für den Arbeitnehmer sind ebenfalls hilfreich.
Insbesondere bei unbefristeten Verträgen und Anwendung des Kündigungsschutzes empfehle ich Arbeitgebern, die langfristige Eignung der Arbeitnehmer vor dem Ende der Probezeit/Eintritt des Kündigungsschutzes genau zu evaluieren. Die hier geschilderte Verlängerung von Probezeiten sollte aber die Ausnahme darstellen.
Sofern ein Betriebsrat besteht, müssen Arbeitgeber auch noch die einwöchige Anhörungsfrist nach § 102 Abs. 2 BetrVG für die Kündigung beachten, damit die Kündigung rechtzeitig vor Ende der Probezeit/Wartezeit wirksam ausgesprochen werden kann. Eine erneute Anhörung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG für den Fall der unveränderten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist dabei nicht erforderlich, er ist jedoch über die Fortsetzung zu unterrichten. Im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit empfiehlt sich eine möglichst transparente Kommunikation zum Betriebsrat.
Sofern Sie eine Probezeitkündigung aussprechen möchten oder erhalten haben, stehe ich Ihnen gerne für weitere Hilfe zur Verfügung.